Stubaier Alpen im August, Schnee und Minustemperaturen

23.08.2014

Das Jahr ist wie verhext. Da macht man ehrgeizige Pläne, legt ein Programm zur Verbesserung der Fitness auf, alles ist vorbereitet und dann ein Unfall meiner Frau, 1. Schulter-OP im Juli, 2. OP Anfang September an einem Zeitpunkt, wo ich mich eigentlich irgendwo zwischen Ötztal, Stubaital und Schwäbischer Alb herumtreiben wollte.
Ich brauchte einen Alternativplan: Urlaub verschoben, Mindelheimer-Klettersteig, dann Heilbronner Weg. Es regnet die ganze Woche, Klettersteig und Heilbronner Weg bei Regen ist nicht so der Renner.
Die Idee 3 Tage Siegerland Hütte Aufstieg von der Timmelsjochstrasse vorbei an der Timmelsalm bis zum Schwarzsee, dann wenn es die Zeit und das Wetter zulassen einen Abstecher zur Hofmannspitze. Dann über die Windachscharte zur Siegerländer Hütte. Am nächsten Tag zum Scheiblehnkogel, Sonntag absteigen und im Ötztal noch den Lehner Wasserfall-Klettersteig. Alles, bis auf den Klettersteig, eigentlich auch für Tanja mit nur 1 ½ Armen machbar, vielleicht die letzten Meter zu den Gipfel nicht, aber der Rest sollte einfaches Wandern sein.

Wie immer war es dann ganz anders. Der Wetterbericht sagte für Freitag Schauer und Gewitter am Nachmittag vor, Samstag vereinzelte Schauer und Sonntag Vormittag Regen, Nachmittags sollte es dann schön werden.

Für Tanja hatte ich einen speziellen Gürtel für eine Trinkflasche, die Regenklamotten und ein paar Müsliriegel gekauft. Dafür durfte ich, Strafe für verrückte Ideen muss sein, den ganzen Rest, samt Grödeln und Steigeisen für den Anstieg zur Hofmannspitze, tragen.
Freitag morgen der Wecker klingelt um 2:00 aufstehen, Duschen, Kaffee und Porridge um 2:30 Tanja aufwecken. Ausrüstung ist schon im Auto. Abfahrt um 3:00, Tanja schläft schon in Aalen. Es ist trocken, kein Verkehr und im Autoradio läuft leichte Musik. Ulm, Memmingen, Kempten, Füssen, Reutte, Fernpass, Imst endlich dann im Ötztal. Das Radio, inzwischen auf Ö3, liefert Wetterberichte. Das Neueste: Samstagnachmittag und Sonntagvormittag Schneefallgrenze sinkend bis auf 1700m. Die Siegerländer liegt auf 2710. Tanken in Nassereit und eine Pinkelpause im Ötztal.

Der Bus zum Timmelsjoch sollte in Sölden 7:25 abfahren. Wir sind um 6:50 in Sölden, aber wo parken, das Parkhaus an der Giggijochbahn, wo ich schon 2 mal geparkt hatte war verschlossen, der Parkplatz im Zentrum wollte ein vom Tourismusbüro ausgestelltes Dokument. Die Tankstelle war auch keine Hilfe. Parkplätze an der Giggijochbahn und Gaislachkoglbahn waren nur von 8-19:00 geöffnet. Aber das Parkhaus an der Gaislachkoglbahn hat eine grüne Ampel und ein Schild: Kostenlos von 8-19:00. Reinfahren, das Parkhaus ist leer, naja wird schon passen. Stiefel, Jacken angezogen und zur Bushaltestelle. 10 Minuten Zeit Umsteigen in Obergurgl 16 Minuten Aufenthalt.

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Waiting at the busstop

Der Timmelsjoch-Bus und die Straße sind leer und der Fahrer erzählt Geschichten. Dann kommen wir aus den Wolken raus und es scheint die Sonne, sollte an dem alten Spruch: „wenn Engel reisen“ doch etwas dran sein. Die Freude sollte nicht lange dauern. Ab der Passhöhe war die Sonne weg. Aussteigen an der Timmelsbrücke und es ging los.

Als erstes auf dem geschotterten Almzubringer zur Timmelsalm, die wir dann auch in 35 Minuten erreichten. Tanja sprach sich gegen eine Einkehr aus und so wechselten wir auf die andere Bachseite.

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Bergpfad

 

Jetzt war auch der Fahrweg weg und über grüne Almen ging es immer nach oben, Wasserfälle lösten sich mit Mäandern ab. Es war das gleiche Wetter wie vor 2 Jahren, bewölkt und angenehm kühl. Auch zog sich der Weg wie damals. Eine Steilstufe nach der anderen insgesamt 5 und der See wollte und wollte nicht kommen.

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Irgendwo da oben muß er sein

 

Kühe, Pferde und Schafe waren bis auf 1 Murmeltier waren die einzigen lebende Wesen außer ein paar Insekten und Vögel die wir auf der ganzen Strecke sahen.

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Murmeltier

 

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Welcher Falter mag dies sein

 

Nach ungefähr 2 Stunden und 40 Minuten erreichten wir endlich den See. Wir hatten noch einen kleinen Aufreger mit 3 neugierigen Fohlen, die Tanja ziemlich bedrängten und sich nur mit Mühe vertreiben ließen.

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Neugierige Fohlen

 

Hier wurden wir auch noch von einem Wanderer in Shorts überholt, der sich bei mir in gebrochenen Englisch nach dem Wetterbericht erkundigte.

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Faszination Wollgras

Dieser Wanderer , ein Paar mit Hund, das kurz nach uns am See ankam und eine fünfköpfige Gruppe, die von oben kam und Richtung Schneeberg weiter ging, sollten die einzigen Personen sein, die wir bis zur Siegerländer Hütte sehen sollten. Weiter zur Schwarzwandscharte und Hofmannspitze oder doch gleich zur Windachscharte, das war jetzt die Frage.

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Bachüberquerung

 

Die Wolken wurden immer dichter und so entschieden wir uns gegen die Hofmannspitze und bogen links Richtung Windachscharte ab.

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Alpenwucherblume

 

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Stengelloses Leimkraut

 

Jetzt wurde der Weg Alpin, zuerst etwas nach unten und dann steil, schmal, teils durch Geröll zur Scharte. Eine Stelle war etwas knifflig wurde aber trotzdem gut bezwungen.

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Blumen auf 2900m im Nebel

 

Oben auf der Scharte, die wir kurz nach 1 Uhr erreichten, gab es keine Sicht und wir kamen in einen Schneegraupelschauer. Der Abstieg war beschwerlich, Geröll 2 Firnfelder und wieder Geröll, dazu war es schmierig und steil. Kein Absturzgelände, aber so problematisch hatte ich den Weg nicht mehr in Erinnerung.
Wir kamen heil nach unten und konnten zum ersten Mal die Hütte sehen. Nach 1170 Höhenmetern im Aufstieg und 270 Metern im Abstieg kamen wir nach 5 Stunden 25 glücklich an der Siegerland Hütte an.

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Windachtal Richtung Sölden

 

Nachdem wir unser Zimmer bezogen hatten und zum Aufwärmen eine schmackhafte Suppe genossen hatten, sind wir nochmals in die Bergstiefel gestiegen und haben noch einen Nachmittags-Spaziergang Richtung Triebenkarsee unternommen.

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Tanja vor der Siegerlandhütte

 

In der Zwischenzeit wurde auch das Wetter besser und wir genossen blauen Himmel mit teilweisem Sonnenschein. Zuerst über Gletscherschliff etwas Bergab und dann auf schönem Bergpfad am Hang stetig leicht Bergauf.
Glockenblumen, Erika und Margeriten waren unsere Begleiter.

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Läusekraut?

 

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Alpenwucherblume

Wir sind dann an einen Gletscherabfluss gekommen. Es ging jetzt etwas steiler über Geröll am Bach entlang, über eine Planke auf die andere Seite. Vor dem letzten Anstieg zum Triebenkarsee sind wir umgekehrt, da das Abendessen ab 18:00 serviert wird und wir nicht zu spät kommen wollten. Zurück in der Hütte haben wir uns fein für das Essen gemacht, sprich mit kaltem Wasser gewaschen und ein frisches T-shirt angezogen.
Zum Essen gab es Flädles(Fritatten)-Suppe, Leberkäse mit Ei, Kartoffeln und Salat und ein Stück Pfirsichkuchen zum Nachtisch. Dazu haben wir uns einen Halben Liter Roten gegönnt. Nach dem Essen hat sich Tanja in die Koje verzogen und ich hatte mit fünf Wanderer aus Siegen einen netten und interessanten Abend, bei dem sich auch der Hüttenwirt sporadisch beteiligte, verbracht. Kurz nach 22:00 hat auch mich die Müdigkeit übermannt und ich bin, nicht ohne noch einmal einen Blick auf das Thermometer geworfen zu haben(-5°), zu Bett gegangen.
Nach einer erholsamen Nacht sind wir morgens um 7:30 am Frühstück gesessen. Wurst, Käse, Marmelade und Müsli mit Milch oder Joghurt dazu Kaffee und gutes Brot, was will man mehr?
Eigentlich wollte ich den Scheiblehnkogel, leichter Hausberg der Hütte mit 3060m hoch, besteigen, aber das Wetter wollte wieder mal nicht so wie ich. Regen und Nebel wechselten sich mit Nieselregen ab. Erst am frühen Nachmittag klare es etwas auf und wir ließen dann Bücher Bücher sein und sind nochmals für 2 ½ Stunden los gezogen. Immer in Richtung hängender Ferner über Geröll nach unten, vorbei an einem Gletschersee bis es Zeit wurde zur Umkehr.

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Wolken im Windachtal, Blick Richtung Ötztal

In der Zwischenzeit sind noch andere Wanderer auf der Hütte angekommen und eigentlich war jetzt jeder Tisch besetzt. Das Essen war wieder schmackhaft (Erbsensuppe, Pilzgeschnezteltes mit Nudeln und Salat und Pudding) Abends haben wir uns noch die Zeit mit Lesen vertrieben. Alte Bildbände von Walter Pause durchgeblättert. Es gab auch gebundene Ausgaben vom Bergsteiger aus den achtziger Jahren, die Ausrüstung und Sicherheitstip von damals……. Ich kann mich noch gut erinnern. Kniebundhosen, rote Wollsocken und rot-weiß-großkarriertes Hemd……… Nostalgie pur.
Als es Zeit wurde schlafen zu gehen, sind wir nochmals auf die Terrasse und mussten feststellen, dass der Wetterbericht recht hatte. Die Schneefallgrenze war am sinken, auf 2700m war es weiß und das Thermometer zeigte -9° an.

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Es scheit

 

Nach einer nicht ganz so ruhigen Nacht, machte ich um 7:00 auf dem Weg zum Waschraum mit bloßem Oberkörper einen Abstecher auf die Terrasse.

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Blick zum Gaiskogel

 

Das Wetter sah eigentlich vielversprechend aus: Bewölkt mit großen Flecken Blauem Himmel, Verzuckerte Bergspitzen und schöne minus 10 Grad. Dies in Verbindung mit dem kalten Wasser im Waschraum brachte mich schnell auf Betriebstemperatur. Tanja wecken, Rucksack fertig packen und Betten machen, man(n) ist sich für nichts zu schade, wenn eine schöne Wanderung ansteht.
Während des Frühstücks diskutieren wir über unsere Möglichkeiten für den Tag:
Mein Favorit wurde von Tanja ziemlich schnell als nicht akzeptabel disqualifiziert, sie mag es nicht wenn ich mich im Klettersteig vergnüge. Die zweite Möglichkeit war auch nicht so ganz ihr Geschmack, also muss der Scheiblehnkogel noch einmal warten. Triebenkarsee-Gamsplatzl-Hildesheimer Hütte-Gasthof Fiegl war unser Weg und wir waren auch schon um 8:00 Abmarsch bereit.

Noch ein Wort zur Hütte: Wir hatten ein Zweibettzimmer, das Essen war ausgezeichnet, es gibt eine Dusche mit Warmwasser, sonst nur kaltes Wasser, in den Zimmer gibt es kein elektrisches Licht oder die Möglichkeit Handys oder Kameras aufzuladen.

Anfangs ging es noch gut, kalt, aber kein Niederschlag, am Wegrand immer wieder mit Schnee überzogene Blumen und sonstige Pflanzen.

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Glockenblumen im Schnee

 

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Eingezuckerte Distel

 

Nach ungefähr einer halben Stunde sollte es sich ändern. Es fing an zu schneien, zuerst zögerlich aber schon nach kurzer Zeit war es ein richtiger Schneesturm und es dauerte nicht lange, so war alles weiß und keine Markierungen mehr sichtbar.

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Es schneit sich ein

 

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Tanja im Schneetreiben

Die Schwierigkeit war jetzt nicht so sehr die Schwierigkeit des Weges, sondern dass es Mühe bereitete den richtigen Weg zu finden. Einmal hatten wir uns etwas verstiegen, aber jetzt sollte sich dieses Spielzeug, das ich mir vor 3 Jahren zugelegt hatte, zum 1. Male bewähren.
Immer wieder die bange Frage an meine Frau ob es noch geht und immer wieder die gleiche Antwort: Kein Problem. Es sah bei Ihr so einfach aus, während mir sämtliche mögliche und unmögliche Katastrophen durch den Kopf schossen. Kurz vor dem Joch kam die Sonne wieder heraus und die Sonnenbrillen kamen zu ihrem Einsatz.

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Blick zurück zum Triebenkarsee

Der Weg nach unten war wesentlich schlimmer wie der Aufstieg und kam mir endlos vor.

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Abstieg

 

Dann kamen endlich die Seilversicherungen und jetzt wusste ich, dass noch 1 heikle Stelle kommen wird.

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Es ging unterhalb des Pfaffenferners entlang bis zu einer „Brücke“ über den Gaisbach und dann wieder knapp 200 Höhenmeter nach oben. Nach 4 Stunden standen wir vor der Hildesheimer Hütte.
Kaiserschmarren für Tanja und ein Speckbrot für mich. Selbst nach 2 Jahren erkannte uns der Hüttenwirt wieder.
Kurz vor 1 Uhr verließen wir diesen gastlichen Ort wieder. Jetzt bergab nicht den Steilen Weg durch das Gaiskar sondern den langen Ludwig Aschenbrennerweg, der über die Almen führte. Ein traumhafter Tag und Weg. Wir hatten von der Siegerland Hütte bis zum Windachtal um 14:30 nur 4 andere Wanderer gesehen. 2 Andere sind nach uns den Übergang von der Siegerländer zur Hildesheimer gelaufen und 3 Holländer haben den unteren Weg über das Windachtal und Gaiskar genommen.
Das Windachtal entlang ist ein ziemlicher Hatscher und um ein paar Kühen mit Kälber haben wir einen großen Bogen gemacht, zu viel ist dieses Jahr schon passiert. Ein kleiner Höhepunkt sollte noch kommen 2 Yaks am Wegrand, vor dem einen hatte sogar Tanja Respekt und das will was heißen.

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Yak
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Fast am Ziel

An der Bushaltestelle mussten wir eine knappe halbe Stunde warten bis der Bus uns nach Sölden zurück brachte. Allerdings zu welchem Preis, der Bus übers Timmelsjoch kostete weniger. Naja Sölden ist teuer. Wir mussten noch zu Fuß durch den halben Ort, mit unseren schmutzigen Stiefeln und Hosen haben wir uns angenehm abgehoben. Das Auto war noch da ohne Strafzettel und wir traten ganz entspannt die Heimreise an.
Der Verkehr war nicht zu dicht und an unserer Tanke auf dem Fernpass musste man nicht einmal warten.
Kurz vor 21:00 waren wir wieder zu Hause angekommen. Müde, aber sehr zufrieden über eine fast perfekte Wanderung. Jetzt gibt es noch einen Termin, ein verlängertes Wochenende Anfang Oktober. Danach werden wohl wieder die Skier vorbereitet.hier
Hier sind noch einmal alle Bilder.

Ein Panoramabild vom Schwarzsee aus 5 Einzelbildern gibt es hier Noch vier Panoramen: Windachtal, Triebenkar, Wolken im Windachtal und Gaiskogel.

Der Track dazu bei GPSies

Siegerland Hütte und Timmelsjoch

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