Hochtour auf die Kuhscheibe

Nach einer ruhigen Nacht saßen wir um 7:30 beim ausgezeichneten, reichlichen Frühstück. Das Wetter sah sehr viel versprechend aus und es stand unserer geplanten Tour auf den Kuhscheiben Gipfel, 3188m hoch, nichts im Weg.
Die Schwierigkeiten sollten sich eigentlich in Grenzen halten. Bei Hikr.Org mit den Schwierigkeiten:
1.)Wandern = T3 (Anspruchsvolles Bergwandern)
2.)Hochtouren = L (leicht)
3.)Klettern nach UIAA = I
angegeben bei einer Zeit zum Gipfel laut DAV Führer von 3,5 Stunden.
Sollte also alles im grünen Bereich sein. Ein Gespräch mit dem Hüttenwirt am Vorabend lies mich auch keine größeren Schwierigkeiten erwarten.

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Kartenausschnitt mit Route

Um 8:10 ging es auf mit leichtem Frost/Raureif

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Rauhreif im Sulztal

überzogenen Wegen los. Anfangs eben am Fischbach entlang Richtung Sulztalferner. Kurz vor einer Steilstufe ging es links steil die Flanke hoch bis zum Rosskar. Obwohl wir etwas Zeit brauchten um wieder in die Gänge zu kommen, stiegen wir zügig auf. Bevor die Sonne den Talgrund erreichte war es ziemlich kühl, was bei dem steilen Anstieg schon von Vorteil war. Der Weg ist ein schöner Bergpfad, der sich über die Hochweiden schlängelt.

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Es geht bergauf, so langsam komme ich in die Gänge
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Erika und Alpenrosenbusch
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Jetzt ist sie da, die Sonne

Die Ausblicke sind gigantisch

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Tanja vor dem Bockkogelferner und Mutterbergerseespitze

und der Blick zum Niederen Sulzkogel

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Da war ich oben, puh

lies mich eigentlich bezweifeln, dass ich da am Tag vorher wirklich oben stand.
Jetzt war dann auch die Sonne voll da

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Die Sonne kommt endlich über die Gipfel

und es wurde Zeit die Fleecejacken in den Rucksack zu packen. Zu unserer linken blickten wir auf die Schuttlandschaft einer Gletschermoräne hinunter. Es ist immer wieder erstaunlich, welche Mengen Schutt so ein Gletscher mit sich führt und bei seinem Rückzug zurück lässt. Wir sind auf einem Teilstück des Adlerweges von der Amberger Hütte nach Sölden unterwegs.

Nach einem kurzen Hang hinunter zu der Moräne, überquerten wir diese und stiegen dann wieder nach oben

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Standort Überprüfung

bis zu einem Wegweiser. Hier verließen wir jetzt den Adlerweg und gehen an der Ostflanke des Roten Kogels weiter, jetzt wieder steil nach oben. In schattigen Winkeln taute das Eis,

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Ein Stück Eis

jetzt nicht mehr auf und man muss schon ein gewisses Maß an Vorsicht walten lassen um sicher aufsteigen zu können.

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Felsrippen

Bei ungefähr 2800m kamen wir an ein erstes Firnfeld. Tanja musste natürlich gleich los um Spuren

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Tanja kann es nicht lassen

zu hinterlassen. Jetzt kam einen neue Steilstufe, die wir stetig angingen. Vor uns links eine Schutthalde, rechts ein steiles Firnfeld. Links der Rote Kogel und rechts der Wannenkogel. Jetzt sahen wir unsere ersten und einzigen Gämsen, die mir aber nicht den Gefallen taten sich von mir zu fotografieren lassen. Sie bewegten sich mit großer Geschwindigkeiten über Firnfelder und Geröll und waren schnell außer Sichtweite. Spuren auf den Firnfelder haben wir mehrere gesehen
Am Fuß des Firnfeldes machten wir eine ausgiebige Rast mit noch warmen Tee und den am Morgen bereiteten Pausenbroten. Ein Apfel rundete unser Mahl ab. Hier überholte uns der einzige Wanderer, den wir seit verlassen des Sulztales sahen.
Jetzt kamen unser Steigeisen zum Einsatz, anschnallen und dann auf das Eis. Eine Hangneigung von bis zu 60% konnte uns nicht stoppen, ließen mich aber vorsichtig werden. Ausrutschen, trotz Steigeisen möglich, würde uns eine Rutschpartie bescheren deren Ende im Geröll unsanft enden würde.

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Das steile Firnfeld vor dem eigentlichen Gletscher
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Tanja geht es an

 

Knapp 50 Meter mussten wir uns über eine Moräne mit Steigeisen quälen

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Steigeisen im Geröllfeld

bis wir auf den eigentlichen Gletscher kamen. Wir querten den Ferner bis wir auf 3000m ein schönes, sonniges Plätzchen für Tanja,

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Endlich auf dem Ferner
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Mein heutiger Begleiter, ein angenehmer Zeitgenosse. Er quatscht mir nie dazwischen

die den eigentlichen Gipfelanstieg

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Das Ziel der Begierde
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Noch über diese Geröllhalde

 

wegen ihrer Schulter nicht mitgehen wollte, fanden.

Jetzt war es 12:00 und ich hatte noch knapp 200 Höhenmeter vor mir, soviel zu den angegeben 3 ½ Stunden. Rucksack ablegen, GPS-Empfänger, Walki-Talki und Müsliriegel in die Jackentasche und weiter den Ferner hoch. Es war schon verdammt steil, aber ich kam zügig voran bis ich auf ungefähr 3100m auf Blockwerk traf.

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Abstieg über den Ferner

Steigeisen abschnallen und zusammen mit den Wanderstöcken zu deponieren und das Klettern begann. 90 Höhenmeter über zum losem, zum Teil von Eis überzogenem Blockwerk ließ den Fortschritt mühselig werden. Ich habe es aber geschafft und um 12:30 stand ich am Gipfel. Mein Erster 3000er den ich ganz „by fair means“ bestiegen habe. Selbst in meinem Alter und eigentlich ohne Ambitionen war es ein tolles Gefühl. Panorama Bild aufnehmen die gewaltige Aussicht, vor allen Dingen den Blick zur Wilden Leck, genießen, einen Müsliriegel essen und absteigen.
Mir graust es jetzt noch bei dem Gedanken. Jeder Schritt, jeder Tritt und Griff 2x mal überprüfen, wackelt der Stein, gibt es Eis oder kann ich mich auf den Halt verlassen. Kurz kam der Gedanke, ob ich es nicht wie die 2 Holländer machen sollte und den Hubschrauber rufen sollte. Allerdings war mein Handy bei Tanja ausgeschaltet im Rucksack, wo es hingehört, gab es kein Netz und bin ich eigentlich nicht der Typ dafür. Jetzt traf ich noch 2 Bergsteiger, die einen andern Weg genommen hatten. Warum der eine allerdings seine Wanderstöcke in der Hand trug und nicht an den Rucksack schnallte ist mir unverständlich und ein Rätsel. Ich hätte gerne eine 3. Hand gehabt und wäre nicht auf den Gedanken gekommen freiwillig auf eine zu verzichten.
Kurze Zeit später kam ich bei meinem Depot an, Steigeisen wieder anschnallen, Stöcke in die Hand und zurück auf das Eis. Jetzt fiel mir ein, dass ich keinen Eintrag im Gipfelbuch machte, aber deshalb wieder hoch? Nein das war mir dann doch zu viel. Als ich über den Gletscher zurück zu Tanja abstieg, kam der Wunsch nach meinen Tourenskiern oder Firngleitern in mir hoch. Die Abfahrt wäre ein Traum gewesen.
Zurück bei Tanja, es war jetzt 13:20, noch eine kurze Rast dann ging es weiter. Der Abstieg kam mir steiler, schwieriger vor als der Aufstieg. Ferner und Geröllfeld, die Firnrinne im Zick-Zack absteigen, unten Steigeisen runter

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Noch diese Firn-Rinne runter

und im Rucksack verstauen. Wir wurden jetzt an gleicher Stelle wieder vom gleichen Wanderer überholt. Es wurde jetzt zunehmend windig und es zogen dunkle Wolken auf, vielleicht gibt es ja am Abend das Gewitter, das laut Wetterbericht mit 20%-iger Wahrscheinlichkeit kommen sollte. Wir hielten uns jetzt nicht mehr auf und gingen mit den Wolken um die Wette. Trotzdem noch ein Bild auf 2800m aufgenommen.

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Eine Raupe Anfang Oktober auf fast 3000m

Sobald die Wolken vor der Sonne waren, wurde es unangenehm kühl. Um es kurz zu machen, im hoch brauchten wir/ich bis zum Gipfel 5 Stunden 20 Minuten und im runter 1 Stunden 50 Minuten, wie man sich doch beeilen kann, wenn das Wetter kritisch wird. An der Hütte angekommen, frisch machen und den Rucksack vorbereiten, Tanja legte dann sich zum Ausruhen hin und ich begab mich auf die Hüttenterrasse um die Aussicht

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Es bewölkt, wer wird schneller bei der Hütte sein, Wir oder die Wolken?

 

zu genießen und etwas zu trinken. Es war allerdings jetzt so frisch, dass ich mich bald in den Innenraum zurück zog.
Hier noch die Daten zur Tour: 7 Stunden 10 Minuten, davon 2 Stunden 10 Minuten im Stillstand, 1120 Meter Auf- und Abstieg, gesamt Strecke 14,3km und eine durchnittliche Herzfrequenz von 110 bpm, Begegnungen abseits des Sulztales: 3 Bergwanderer .

Panoramabild aufgenommen auf der Kuhscheibe

GPS-Track wie Immer bei GPSies

Das Nebenzimmer war jetzt von einer geschlossenen Gesellschaft belegt, deshalb belegte ich eine Tischecke im Hauptraum und begann den nächsten Tag zu planen. Meine Lieblingsvarianten waren nicht möglich: 1. über die Gaislehnscharte und Bachfallenferner zur Winnebachsee Hütte und dann Abstieg, ungefähr 6 Stunden, allerdings der Gletscher nur mit kompletter Ausrüstung zu begehen und der Abstieg von der Gaislehnscharte extrem Steinschlag gefährdet,
2.) über das Längentaljoch, dann Längentalferner, der, laut Hüttenwirt, nach dem Vorfall von vor 2 Jahren „Idiotensicher“ gemacht wurde, dann hoch zum Grünentatzen-Ferner zur Winnebachsee Hütte, knapp 1800 Höhenmeter und insgesamt ungefähr 10 Stunden, für Anfang Oktober und anschließender 4 stündiger Heimfahrt auch keine Option.

Blieben nur noch 2 Möglichkeiten übrig: Wanderung zum Sulztalferner, dann Abstieg oder für mich ein Klettersteig, Lehner Wasserfall oder Stuibenfall, im Ötztal. Schaun mer mal.
Zum Abendessen gab es Griesnockerlsuppe, wieder Salatbüfett, dann für mich Rindergulasch

 

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Äußerst Schmackhaft

und Tanja entschied sich für Knödeltrio mit Parmesan.

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Tanja hat es geschmeckt

Als Nachtisch gab es Heidelbeerjoghurt mit Stachelbeeren. Heute teilten wir uns einen halben Liter Roten und der Wirt spendierte noch eine Lokalrunde Schnaps, heute war der letzte Tag mit Übernachtung am Sonntag sollte die Hütte abgeschlossen werden.

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Ohne Worte

Tanja entschloss sich für die Variante Klettersteig, also wieder früh raus und gleich absteigen.

Wieder eine ruhige Nacht und das Frühstück war so gut wie am Vortag. Abschied vom Hüttenwirt und los ging es. Das es bis auf ungefähr 2500 runter geschneit

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Neuschnee im Sulztal

 

hatte, habe ich schon beim Blick aus dem Fenster gesehen, aber jetzt setzte auch noch Regen ein. Wir gingen deshalb

 

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Bemooste Bäume

ziemlich schnell durch Nieselregen zurück zum Parkplatz. Dort angekommen fing es richtig zu regnen an, Glück gehabt. Allerdings stellte sich jetzt die Frage was tun mit dem angefangenen Tag. Zuerst einmal bis ins Ötztal und dann wird man weitersehen. Der Regen hörte nicht auf, Klettersteig ist gestrichen.
Wir waren noch nicht in Imst, als es aufklarte und die Sonne heraus kam. Dumm gelaufen, vielleicht sollte ich das nächste Mal nicht so sehr den Himmel betrachten, sondern eher dem Wetterbericht glauben.
Da wir jetzt genug Zeit hatten, entschied ich mich gegen den Fernpass und bin über das Hahntennjoch ins Lechtal gefahren. Über das Tannheimer Tal, Oberjoch zum Käseeinkauf nach Bad Hindelang und weiter Kempten, Memmingen, Ulm zurück nach Hause.
Den Stau am Fernpass hatten wir verpasst, 1. Staumeldung kam kurz vor der Passhöhe am Hahntennjoch, aber bei Memmingen war wieder mal alles dicht, also runter, umfahren, bei Illertissen wieder drauf, zeitlich keine Vorteile, der gleiche Wagen wieder neben mir, wenn es wenigstens eine hübsche Fahrerin gewesen wäre….., 3 km später der nächste Stau, Bayern 1 hat geschlafen, wieder runter, diesmal durch Ulm auf die B10 kein Problem bis Geislingen, jetzt alles zu, also über die Dörfer.

 

Noch etwas zur Amberger Hütte, gutes Essen, Kinder geeignet, freundliches, hilfsbereites Personal, mit dem Rad erreichbar, Schneeschuhtouren möglich, für Otto-Normal Wanderer nur bedingt geeignet, allerdings ein El Dorado für Hochtouren, Klettern und Skitouren. Preislich an der Oberen Grenze. Hier steht mehr dazu.

Kuhscheibe

Wer nicht weiß, was es mit den 2 Holländern au sich hat steht Hier und den Vorfall von vor 2 Jahren kann man Hier nachlesen.

Zu unserer Stamm-Käserei in Hindelang geht es Hier

Sämtliche Bilder kann man Hier sehen.

So das war es.

Nachtrag: Jedes Mal, wenn ich ein Wochenende im Gebirge verbringe oder eine Mehrtägige Tour unternehme, nehme ich zu, vielleicht sollte ich es bleiben lassen und meine Zeit lieber auf dem Sofa verbringen.

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