Wandern im Stubai oder mancher lernt es nie.

06.08.2011

Es war Freitagmorgen, der Wetterbericht für das Wochenende für Sölden war äußerst bescheiden. Ich habe dann verschiedene Online-Prognosen, Wetterbericht von ORF und Bergwetterberichte von den Alpenvereinen zusammengemischt und einen für mich passenden „zusammengebastelt“.
Samstag morgen bewölkt, nachmittags Regen, Sonntag vormittags bewölkt mit Schauern und nachmittags Starkregen, ach ja Schneefallgrenze 3400m und bei 300m 6°. Meine Frau hatte wieder mal ihre Zweifel.
Arbeiten bis 22:30, nach Hause, etwas Essen und Duschen. Soll ich oder soll ich nicht, das ist hier die Frage. Der Wecker klingel um 4:30, Abfahrt um 5:00, Frühstück bestand wieder mal nur aus Kaffee. bis zum Fernpass kein Regen, kurz tanken, Brotzeit einnehmen und weiter Richtung Ötztal. Der letzte Bus, der uns zum Gasthof Fiegl bringen sollte, geht um 10. Also Zeit genug um einen Parkplatz zu suchen. Im Parkhaus der Giggijochbahn kann man umsonst parken, auch mehrere Tage, allerdings nur im Sommer. Der Bus kam 5 Minuten nach 10 und war voll. An der Haltestelle stand eine ganze Gruppe, also wollte der Fahrer eine Sonderfahrt einlegen, wir mussten nur 35 Minuten warten. Die Busfahrt würde uns 2 Stunden und 300 hm einsparen. Bei Rucksäcken von 7 und 12 Kilo war es eine leichte Entscheidung.
Wunder über Wunder, es scheint die Sonne. Gesicht, Ohren und Arme eincremen und schon kann es um 11:00 losgehen.

3 Stunden? Ein Klacks
3 Stunden? Ein Klacks

Der Weg ging zuerst der Windach entlang, langsam aber stetig nach oben, bis zum Materiallift der Hildesheimer Hütte, da gibt es den Ludwig Aschenbrennerweg und den Gaiskarweg. Wir nahmen den Gaiskarweg, da ich im Glauben war, dass es der leichtere sei.

Tanja will mal wieder alles ganz genau sehen
Tanja will mal wieder alles ganz genau sehen
Tanja ist auch am Zweifeln
Tanja ist auch am Zweifeln

Der weg ist schön schmal und steil, aber jetzt nicht sehr problematisch. Bis zur Hütte sollten uns, nachdem wir den Bach verlassen hatten, nur noch 4 Personen begegnen. Um ungefähr 12:30 sahen wir die Hütte zum ersten Mal und dieser Anblick verschlug sogar mir den Atem. Es waren jetzt noch ungefähr 500 Höhenmeter, aber wo ging der Weg?
Zu allem Übel zogen die Wolken zu und es wurde merklich kälter. Also hieß es Gas geben und durchstarten. Es war ein mittelschwerer Bergpfad, der sich und Felswänden entlang nach oben schlängelte.Spielende Murmeltiere waren die einzigen Tiere außer Dohlen, die wir zu Gesicht bekamen.
Die ganze Zeit schien die Hütte nicht näher zu kommen, aber um 14:30 auf 2899m an, Lager zuweisen lassen, ein Weißbier bestellen und noch ein bischen auf der Terrasse sitzen. Der Ausblick, obwohl die Sicht nicht besonders war, ist gewaltig. Sollten wir noch den Übungsklettersteig machen oder nicht? Das Wetter sah nicht verlockend au, würden wir im Steig vom Regen überrascht? Nicht sehr wünschenswert, aber 2 Kg Klettergurte, Klettersteigsets und Helme nur so zum Spaß spazieren tragen? Die Trägheit siegte, Man ist ja nicht mehr der Jüngste, wie mal ein Forumsmitglied sagte, außerdem ich muss niemand mehr etwas beweisen und es wurde zunehmend windiger und kälter , ungefähr 10°. Also rein in die gute Stube, der Kachelofen war angeworfen und es war gemütlich warm. Ungefähr um 16:40 fing es auch endlich zum Regnen an, aber nur für 5 Minuten.Noch ein Bier und eine heiße Schokolade für meine Frau und kurze Zeit später gab es etwas zum Essen. Flädles-Suppe, Schmorfleisch mit Reis und Tiramisu liessen wir uns wohl schmecken. Das Essen war schmackhaft und reichlich. Nach einem kurzen Verdauungsspaziergang mit 100 m nach unten zum Hüttensee und wieder zurück liegen wir um 21:00 im Lager.

Abendstimmung
Abendstimmung
Meine Nerven, die Frau treibt mich in den Wahnsinn
Meine Nerven, die Frau treibt mich in den Wahnsinn

Nach einer fast ruhigen Nacht bin ich um sieben Uhr aufgestanden. Waschen mit eiskaltem Wasser, warmes gibt es nicht (das soll ein Lob und keine Beschwerde sein) raus auf die Terrasse. Es war neblig und kalt 6° bei fallendem Barometer. Das Frühstück war gut, 3 verschiedene Wurstsorten, Käse, Honig, 2verschiedene Marmeladen, Müsli, Cornflakes, Fruchtsalat dazu Joghurt oder Milch.
Dann musste die große Frage geklärt werden, wie es jetzt weitergehen soll.
Es standen 4 Alternativen zur Verfügung.
1.) Warten und hoffen dass es Abtrocknet, dann durch den klettersteig und über den Ludwig Aschenbrennerweg absteigen. Zeit: Klettersteig 30 Minuten, Abstieg 2 1/2stunden. Was dann?
2.) Übers Gamssplatzl zur Siegerländer Hütte von dort runter zum Gasthof Fiegl. Zeit: 6 ½ bis 7 Stunden, zeitlich machbar, schwerer Bergweg, fast kein Zeitspielraum, letzter Bus um 17:30. Bei diesem Wetter eher nicht.
3.) Über die Hochstubai Hütte und dann zum Gasthof Fiegl. Zeit 8-9 Stunden, aber noch 800 Höhenmeter dazu, schwerer Bergweg, ich muss auch noch nach Hause fahren. Also ganz klar Nein
4.) Den gleichen Weg wie Variante 3 nur nicht die letzte 500 Höhenmeter zur Hochstubai Hütte aufsteigen sondern direkt nach unten zum Gasthof.
Es sollte die 4. werden, noch mal den Hüttenwirt über Weg, Markierungen, Zeit und Wetter ausgefragt. Fleecepulli unter den Jacken, Handschuhe und Stirnbänder angezogen und los ging es. Zuerst nach oben. Wege mit Seilversicherungen und Eisentritte. Die Wege waren schmal und aufregend. Bei ungefähr 3000m sahen wir zum ersten Mal den Gletscher(Gaiskarferner) vor uns. Anfangs ging es noch gut, Schneeauflage und flach, aber dann wurde es steiler und Blankeis. Zuerst haben wir die Wanderstöcke ausprobiert, aber das Eis war so hart, daß der Halt nur minimal war, Also zu was schleife ich Steigeisen mit mir? Es hieß anschnallen, dann ging es wesentlich besser. Bei ungefähr 3100 Meter waren wir an der höchsten Stelle angekommen. Es war kalt -2°, böiger Wind und die Sicht war bescheiden. Die Wasserteilchen in den Wolken fühlten sich an wie Hagel, also schnell nach unten.
Jetzt ging es den Windacher Ferner nach unten. Am Ende des Gletscher Steigeisen ab und ein Müsliriegel als Doping eingeschoben. Ach ja Skigebiete sehen im Sommer wie Mondlandschaften aus, vielleicht lag es am Wetter?

Über Blankeis die Skipiste hoch
Über Blankeis die Skipiste hoch

Der Weg ist jetzt ein halber Klettersteig, Versichert immer wieder Trittstufen, schmal, steil, schmierig, nass und es ging an der einen Seite steil nach unten. Die Hände wurden schon öfters benutzt. Es ging runter in das Warenkar bis auf 2540m. Der Weg wurde jetzt leichter und wir mussten wieder 200 Höhenmeter aufsteigen, bis wir unterhalb des Seekar-Sees auf den Weg Gasthof Fiegl zur Hochstubai Hütte stießen. Hier machten wir Brotzeit und weil es jetzt anfing stark zu regnen, liessen wir keine Zeit verstreichen und beeilten uns die letzten 900Höhenmeter nach unten zu kommen. Der Weg war jetzt eigentlich sehr schön und wäre bestimmt reizvoll, aber bei Starkregen werden die Sinne abgeschaltet und man gibt Gas. Nach 4 Stunden 45 Minuten mit Pausen erreichten wir das Gasthaus Fiegl. Eine warme Suppe und ein Bier und dann auf den Bus warten.
Zurück nach Sölden, Fahrt über den Fernpass, tanken, Reutte, A7 um 7:30 endlich in Gmünd. Auto ausladen und schon war ein Wochenende vorbei.
Ein Fazit:
1.) 1350 Höhenmeter, insgesamt 8 ½ Stunden in den Beinen.
2.) Eine Hütte, die zu den schönsten und bestgeführten gehört, die ich gesehen habe
3.) Schon wieder wurde die Urlaubsplanung über den Haufen geworfen.
4.) Die Tanke auf dem Fernpass ist immer noch die billigste.
5.) Etwas zum Nachdenken: 1 Weizenbier auf der Hildesheimer Hütte 3,70€ , Anlieferung mit Geländewagen und Gepäcklift.
Das gleiche Bier im Gasthof Fiegl 3,80€ Anlieferung mit Klein-LKW oder Lieferwagen möglich
Bevor jetzt die Frage kommt, ob es nicht etwas leichtsinnig und unverantwortlich war und ist, einen unbekannten Weg auf 3000 meter bei diesen Wetterbedingungen zu gehen. Ich denke nein. Unsere Ausrüstung, wenn auch nicht High-Price, ist gut, Wir sind eigentlich erfahren genug und waren immer in der Lage rationale Entscheidungen zu treffen. Klar gab es einen Punkt nachdem eine Umkehr schwierig oder nicht mehr vernünftig, das war im Warenkar, von da an mussten wir einfach durch. Trotz meiner Höhenangst, trotz Tanja’s Knieprobleme waren wir nie in einer Situation, die uns vor Probleme stellte.
Außer eins: ich bin mit den Steigeisen in meiner Hose hängengeblieben und brauche jetzt eine Neue, leider haben die Discounter zur Zeit keine im Angebot, ich muss wohl in den sauren Apfel beißen. Seit 2006 habe ich jetzt das Ding und nun das.

Fotos gibt es jetzt auch. Viel Spass beim Anschauen: Link

Gruß Martin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.